Mit der Mittleren Reife in der Tasche begann Dagmar Rückrich-Menger 1976 ihr Berufsausbildung im elterlichen Betrieb in Bornheim. Ihre Mutter war Hauswirtschaftsmeisterin, die jungen Frauen aus landwirtschaftlichen Betrieben ein solides Wissen über sämtliche Belange der Hauswirtschaft beibrachte. „Damals war Hühnerschlachten noch Teil des Prüfungsstoffs”, erinnert sich Dagmar, „das ist heute ja beinahe unvorstellbar.” Das zweite Lehrjahr verbrachte sie in einem Betrieb in Dorn-Dürkheim. Für sie – ein junges Mädchen aus dem Herzen Rheinhessens – schien zunächst alles groß und weit, heute lacht sie milde darüber. Denn ihr Ausbildungsweg war auch nach den zwei Jahren nicht zuende. Die junge Dagmar kehrte zunächst in den elterlichen Betrieb zurück. Im Herbst 1978 begann dann an der Landwirtschaftsschule, Abteilung Hauswirtschaft, in Alzey der nächste Ausbildungsschritt. Hier traf Dagmar Rückrich-Menger auf Marlene Jacobi-Ewerth, die zu der Zeit an dieser Schule Hauswirtschaftslehrerin war. Heute engagieren sich beide in unserem Blog.
Gärten in landwirtschaftlichen Betrieben
Angesprochen auf ihre Kindheit und Jugend im elterlichen Betrieb im rheinhessischen Bornheim, sagt Dagmar Rückrich-Menger, dass damals viel aufwändiger und zeitintensiver gekocht wurde als heute. „Außerdem wurde damals viel gegessen” betont sie. „Man muss sich das so vorstellen: früher war der Haushalt ein eigenständiger landwirtschaftlicher Zweig.” Auf dem Bornheimer Hof gab es einen Garten, in dem nur Blumen angebaut wurden, und einen riesigen Garten, der ein Nutzgarten war. „Diesen Garten haben wir in Dreifelderwirtschaft betrieben. Sehr intensiv!” Dagmar Rückrich-Menger zitiert aus dem alten Kinderlied „Im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt …” „Bei uns gab’s zwar keine Mägde wie im Lied”, konkretisiert sie, „bei uns warn’s die Oma, die Tanten und zwei landwirtschaftliche Lehrlinge, die den Garten bewirtschaftet haben, damit wir für den Winter wieder Lebensmittel einmachen konnten.”
Dass früher nichts gekauft wurde, ist heute beinahe unvorstellbar. „Wir haben zweimal im Jahr geschlachtet und die Ernten eingeweckt.” Und was man selbst nicht herstellen konnte, wurde bei den zweimal im Jahr stattfindenden Fahrten zum Großmarkt besorgt. Supermarkt? Fehlanzeige! Selbstversorgung war der Normalfall.
„Nehmen wir ein so scheinbar einfaches Gericht wie den Kirschenmichel mit Vanillesoße”, erinnert sich Dagmar Rückrich-Menger an ihre Kindheit, „was man da für einen Zeitaufwand hatte. Die Zutaten mussten geerntet und vorbereitet werden, da war man schon viel beschäftigt.” Und dann formuliert sie den Widerspruch: „So teuer musste man damals arbeiten, wenn man preiswert kochen wollte.”
Regional und saisonal – damals und heute
Heute ist regional und saisonal so sehr in Mode, damals war es manchmal auch ein Fluch. Wenn Saison für Tomaten war, dann war der Speiseplan übervoll von Tomaten. Hatte der Kohl Saison, dann wurde der Kohl verschafft. „Man erstickte in Zentnern von Tomaten oder Bergen von Kohl oder Salat”, Dagmar Rückrich-Mengers Stimme ändert sich und man spürt sofort, dass das, was sie hier beschreibt, nicht unbedingt das Paradies der vielbeschworenen idyllischen Landküche war. Heute ist das zum Glück anders. „Selbst wenn man heutzutage beim Bauern einkauft, dann kauft man ja nicht sieben Tage Karotten …”, nun klingt Dagmar Rückrich-Menger geradezu versöhnlich.
An den Speiseplan auf dem elterlichen Hof erinnert sich Dagmar Rückrich-Menger sehr gut, auch wenn sie es heute anders praktiziert. „Damals gab es vorneweg immer Suppe.” Die wurde immer aus Knochen, Fleisch oder auch Resten gemacht. Sonntags gab es gekochtes Rindfleisch, Meerrettich und Salzkartoffeln oder Braten mit Sauce oder Schweinebraten mit getrockneten Pflaumen oder Krustenbraten mit einer kross gebratenen Kruste: alles Speisen, die es in der Woche nicht gab.
Inzwischen hat Dagmar Rückrich-Menger erwachsene Kinder, betreibt mit ihrem Mann in Eich ein alteingesessenes Weingut. Neben den heute üblichen Rebsorten, führen Dagmar und ihr Mann auch eine so genannte Erhaltungszüchtung einer Rebsorte, die im Mittelalter groß in Mode war und heute wohl vergessen wäre, wenn es das Weingut H.L. Menger in Eich am Rhein nicht gäbe: Malvasier.
Wein und Wildbret
Jagd spielt in Dagmar Rückrich-Mengers Familie eine große Rolle. „Wir sind ein Jagdbetrieb und das zeigt sich auch an unserem Speiseplan.” Dagmar probiert viele Wildrezepte aus. Ihre Leidenschaft gilt der Kombination von Essen und Wein. „Das Vorurteil, dass Wild nur mit Rotwein harmoniert, ist ja Quatsch.” Dagmar Rückrich-Menger liebt es, Wildmenüs mit korrespondierenden Weinen, zusammenzustellen. Gemeinsam mit dem Pfeddersheimer Metzger Peter Babel präsentiert sie ihre Empfehlungen für Wein zum Wild in Kochkursen der „Kreisgruppe der Jäger Alzey-Worms e. V.”
Dagmar Rückrich-Menger liebt es, Neues zu entdecken. Im Restaurant, so sagt sie, bestellt sie gerne das Überraschungsmenü. Einfach auch, um nicht in der Wiederholung des Ewiggleichen die Lust am Genuss und die Freude am Entdecken zu verlieren. „Wenn man immer nur sein Lieblingsessen bestellt, dann lernt man ja nichts Neues kennen. Beim Überraschungsmenü sind immer Dinge dabei, die ich von selbst niemals bestellen würde. Die mich aber oft inspirieren.”